Der Adonis-Komplex - Ein Problem der Neuzeit

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  1. #1 Anonymous, 10.08.2006
    Anonymous

    Anonymous Guest

    Da ich hier des immer öfteren Artikel lese, welche in gewisser Weise auf eine Psychose oder gar eine psychische Verhaltensstörung hindeuten, welche sich grade bei jüngeren Membern offenbart, habe ich mal etwas meine Fachliteratur gewälzt und bin auf eine Studie von Dr. Olivardia zur Thematik des Adonis-Komplexes gestoßen, welche das hier gezeigte Verhalten am treffendsten beschreibt.

    Vorwort

    Als Muskelsucht oder Muskeldysmorphie wird eine Störung des Selbstbilds bezeichnet, die vorwiegend bei Männern anzutreffen ist und eine unzureichende Ausprägung der eigenen Muskulatur, gemessen an einer persönlichen Idealvorstellung, behauptet. Der Begriff wurde in den 1990er Jahren durch mehrere Studien des US-amerikanischen Psychiaters und Harvard-Professors Harrison Pope bekannt und populärwissenschaftlich - auch im deutschsprachigen Raum - als Adonis-Komplex bezeichnet.

    Diese Störung der Wahrnehmung des eigenen Körperbilds könne, den Forschungen Popes zufolge, so weit gehen, dass sich sogar ein ausgeprägt muskulöser Bodybuilder als zu schmächtig empfinde. Die genauen psychischen und physiologischen Ursachen der Muskelsucht, die einige Psychologen auch als übersteigerten Narzissmus beschreiben, sind noch weitgehend unerforscht. Ironischerweise ergaben mehrere Untersuchungen in den USA und in Europa, dass junge Frauen in der Regel keineswegs Männer mit extrem ausgeprägter Muskulatur als besonders anziehend empfinden, sondern solche mit einem eher durchschnittlichen Körperbau.


    Kritik am Aussehen ist für Männer neu

    Männer sind solche Kritik nicht gewöhnt. Frauen hingegen werden schon seit Jahren mit Bildern von unerreichbar schönen Mädchen in Magazinen, Werbung, Filmen und im TV bombardiert. Psychologen glauben, dass dies in letzter Zeit zum steilen Anstieg der Essstörungen beigetragen hat. Und einige Experten meinen nun, dass der Boom von entsprechenden Fitness-Magazinen, die ihren Lesern wie gemeißelt aussehende Modelle zeigen, die einer Werbung von Calvin Klein zu entsteigen scheinen, einen ähnlichen Effekt auf das Selbstvertrauen von Männern hat.

    Nach Aussage von Steve Bloomfield von der Eating Disorders Association (EDA) sind in Großbritannien schon zehn Prozent der Männer von Anorexie und Bulimie betroffen - und ihre Zahl ist alarmierend im Steigen. "Die Ursachen sind bei Frauen und Männern die gleichen: Persönliche Krisen, Depressionen, sozialer Druck seitens der Medien. Gleichzeitig mit der Sorge um das eigene körperliche Aussehen steigen bei Männern auch die Essstörungen an."

    Während Frauen hungern (Anorexie) oder mittels Erbrechen oder Abführmittel schlank zu werden versuchen (Bulimie), halten sich männliche Betroffene für zu schmächtig und trainieren, um einen idealen Muskelaufbau zu erreichen, erklärt Bloomfield: "Sie haben einen Waschbrettbauch und sind trotzdem magersüchtig."


    Zwanghaftes Training für den "perfekten" Body

    In Großbritannien sind die Mitgliederzahlen in Fitness-Studios in den letzten sechs Jahren um 49 Prozent angestiegen. Der Psychotherapeut Dr. Roberto Olivardia, Co-Autor von "Der Adonis-Komplex", in dem die Behauptung aufgestellt wird, dass Männer heutzutage mit ihrer Figur unzufriedener sind als Frauen, beruhigt: "Trainieren selbst ist natürlich nicht falsch."

    Wessen Selbstwertgefühl aber gänzlich vom eigenen Erscheinungsbild abhängt und wessen Trainingsprogramm das Berufs- und Privatleben zerrüttet, könnte an einer Körperwahrnehmungsstörung leiden, warnt Olivardia: "Sich in gefährliche Praktiken wie Fasten, Entwässern oder das Verwenden von Steroiden einzulassen, sind eindeutige Warnzeichen dafür, dass das Streben nach Muskeln zu exzessiv geworden ist."

    Der ehemalige Fitness-Trainer Adam Campell betrieb sein Trainingsprogramm zu zwanghaft, als er die Universität besuchte: "Ich hebe Gewichte, seitdem ich 14 bin. Ich war damals sehr mager und beschloss, Bizeps haben zu wollen. Das Aufbauen meines eigenen Körpers brachte mir unter Altersgenossen Anerkennung. Aber auf der Uni nahm ich zu, weil ich nur von Bier und Pizza lebte. Und als irgendjemand meinte, ich sähe ein wenig pausbäckig aus, war ich tief getroffen. Bald trainierte ich jeden Tag vier Stunden."


    Junkfood versus Bodybuilding

    Außer dass er sich durch das Übertrainieren selbst verletzte, entwickelte Adam auch noch eine Essstörung: "Ungesunden Fraß wie Burger oder Schokolade habe ich verschlungen. Einmal habe ich sogar eineinhalb Kilo Schokolade auf einen Sitz verdrückt. Eine halbe Stunde später war ich bereits am Zimmerfahrrad. Ich hab' also gefressen, mich schuldig gefühlt und umso heftiger trainiert."

    Adam war sich seines Problems nicht bewusst, bis er nach seinem Uni-Abschluss Fitness-Trainer wurde. Heute ist Adam 27 und ein Manager für Fitness-Clubs in London, er trainiert mittlerweile vernünftig, verdächtigt aber einige Männer in seinem Club, an Körperwahrnehmungsstörungen zu leiden. "Da gibt es riesige Typen, die jede Nacht drei oder mehr Stunden trainieren."

    Menschen mit Essstörungen haben ein verzerrtes Bild von ihren wahren Körperausmaßen. Forschungen aus den USA zeigen, dass sich viele Bodybuilder für schwächlich halten. In extremen Fällen bezeichnet man ein derartiges Verhalten als "muskuläre Dysmorphie" oder als "Bigorexie".


    Muskeln = Männlichkeit?

    Dr. Olivardia bestätigt, dass die meisten Männer Muskeln mit Männlichkeit gleichsetzen. Die meisten der 1.000 Männer, die er und zwei andere Psychologen über 15 Jahre hinweg für "Der Adonis-Komplex" überwachten, wünschten sich für ihren Idealkörper 13 Kilo mehr an Muskeln, als sie der Durchschnittsmann besitzt.

    Eine kürzlich unter 596 britischen Knaben zwischen elf und 16 Jahren durchgeführte Studie ergab, dass auch diese besessen in Bezug auf ihr Aussehen sind. Ein Drittel der Untersuchten wollte Gewicht verlieren und mehr als die Hälfte sagte, sie würden lieber besser aussehen als besser Fußball spielen können. Beinahe ein Viertel würde lieber schön als reich sein und jeder Achte würde zur Verbesserung des Aussehens auch plastische Chirurgie in Erwägung ziehen.

    Dr. Louise Payne, Psychologin am St. Mary´s Hospital in London, meint, dass diese Untersuchung zeigt, "wie wichtig gutes Aussehen für die Selbstachtung und die Akzeptanz von Teenagern ist... Unsere Gesellschaft ist mit Bildern von Leuten, die wir attraktiv finden "sollten", übersättigt, und auf heranwachsenden Buben lastet der bedenkliche Druck, diesen Idealen zu entsprechen".


    Makelloses Aussehen ist keine Pflicht!

    Der 18-jährige Paul trainiert seit beinahe drei Jahren in einem Fitness-Studio im Süden Londons. Mit Leichtigkeit stemmt er nun 40 Kilo, aber er gibt zu, dass man sich in der Schule über seine Schwächlichkeit lustig machte. Heute wird ihm wegen seiner Muskeln Respekt entgegengebracht. "Als Mann muss man hart aussehen", sagt er. "Früher wurde ich herumgeschubst. Aber jetzt weichen mir andere Burschen aus, und den Mädchen gefällt ein toller Körper."

    Dr. Olivardia gibt zu bedenken, dass es schwierig ist, die Männer direkt auf Ängste in punkto Aussehen anzusprechen, weil sie sich davor fürchten, als verweichlicht abgestempelt zu werden. "Männer müssen lernen, sich nicht durch die Bilder in den Medien vereinnahmen zu lassen - wie es den Frauen ergangen ist. Man soll sich nicht verpflichtet fühlen, perfekt auszusehen. Frauen haben dank des Feminismus mittlerweile große Fortschritte gemacht: Sie haben begriffen, dass man nicht wie ein magersüchtiges Model aussehen muss. Und ein erfolgreicher Mann zu sein, ist weit mehr, als ein paar große Muskeln zu haben."


    Risiken der männlichen Essstörung

    Betroffene Männer schränken sich häufig bei der Nahrungsaufnahme ein (sie essen kein Fett oder beispielsweise nur Gemüse), wodurch sie sich wichtiger Nährstoffe berauben, kein Körperfett mehr aufbauen etc. Die zusätzliche Einnahme von Abführmitteln, entwässernden Medikamenten (Diuretika) und muskelaufbauenden Mitteln (Anabolika, Steroide) kann zum Teil schwere gesundheitliche Folgen haben (von Hodenatrophie und Osteoporose über erhöhten Blutdruck bis hin zum Herzinfarkt, um nur einige zu nennen). Übermäßiges Trainieren kann zudem zu Muskelzerrungen, Bänderüberdehnungen und anderen Verletzungen führen.

    Der Psychologe Ian Williamson, ein Experte für Essstörungen von Männern, gibt folgenden Rat: "Beschuldigen Sie niemanden vorschnell, eine Essstörung zu haben. Ermutigen Sie Ihren Freund, Ihnen seine Ängste mitzuteilen, indem Sie beispielweise über Ihr eigenes Körperbild sprechen.
     
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